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Perspektivwechsel

Manchen Menschen fällt es leicht, die Perspektive zu wechseln. Vielen aber auch nicht. Dabei ist es so erfrischend, erkenntnis-reich und total spannend, mal den gewohnten gedanklichen Standpunkt zu verlassen. Sich einzulassen auf etwas anderes und neues.

Zu erkennen, dass alles vielleicht gar nicht so ist, wie wir dachten, sondern von einem anderen Ort aus völlig anders aussieht.

 

Aber was hat das mit Kommunikation zu tun? Es ist eine der wichtigsten Fähigkeiten, wenn wir erfolgreich kommunizie-ren wollen. Mit erfolgreich meine ich: wir werden verstanden mit dem, was wir sagen wollen und wie wir es sagen. Wir erkennen, was unser Gegenüber an Informationen braucht und sind in der Lage, darauf einzugehen.

 

Bei all dem hilft es uns sehr, wenn wir uns fragen "Kann man das auch anders sehen?". Denn nur dann können wir auf den anderen eingehen. Selbst wenn sich unsere Meinung dadurch nicht ändert, so können wir uns besser erklären und den anderen dort abholen, wo er steht. Weil wir wissen, wo er steht.

 

Wie meistens gilt das sowohl für unsere persönlichen oder beruflichen Gespräche als auch für all diejenigen, die (wie ich) ihr Geld mit Kommunikation verdienen. Für Texter, Konzeptioner, Kommunikationsstrategen und viele mehr ist es unabdingbar, das eigene Denken zu hinterfragen. Wie sehen die Menschen das, die wir erreichen wollen? Eine der Kernfragen. Oder sich bei der Entwicklung von Ideen hin und wieder in alle möglichen Personen oder Gegenstände hinein zu versetzen und sich zu fragen, wie das große Ganze denn von dort aussieht. Und ob das ein noch nie da gewesener Ansatz sein könnte.

 

Auch in der Zusammenarbeit mit Kundinnen und Kunden ist es essentiell, dass ich mich immer wieder frage, was sie brauchen, was ihre Bedenken, ihre Wünsche sind und wie ich das lösen kann. Mein Standpunkt und meine Sicht darauf kann nämlich nur ein Teil der Lösung sein.

 

Manchmal haben Menschen, die kommunikativ arbeiten auch Bedenken, etwas Neues zu probieren, weil sie entweder nicht einschätzen können, welchen Standpunkt Kritiker im worst case einnehmen könnten oder meinen vorab schon zu wissen, welche Sichtweisen mögliche Kritiker haben könnten (oder werden). Das ist hinderlich und hilfreich zugleich. Hinderlich, weil viele großartige Ideen in der Schublade verstauben und nie ihr volles Potential entfalten können. Sie können nie zeigen, dass es sich gelohnt hätte, für sie zu kämpfen. Hilfreich ist so eine negativistisch vorwegnehmende Denkweise aber in zwei Fällen: zum einen dann, wenn ich mir die potentiellen Kritikpunkte anschaue und darauf vorbereitet bin. Wenn ich sie entkräften oder zumindest zeigen kann, dass es auch möglich ist, die Idee anders zu sehen (oft lohnt sich das nämlich wirklich). Zum anderen natürlich auch dann, wenn sie mich davon abhält, mich übermäßig weit aus dem Fenster zu lehnen.

 

Aber nicht nur in der Kommunikation mit anderen kann es hilfreich sein, den Standpunkt probehalber mal zu wechseln. Auch in der Kommunikation mit uns selbst sollten wir uns hin und wieder fragen: "Könnte ich das auch anders sehen?" Eine schwierige Übung. Aber möglich. Denn so erkennt man manchmal selbst, dass man auf dem Holzweg war, sich unnötig Sorgen gemacht hat oder dass der eingeschlagene Weg genau der richtige ist.

 

Jetzt, zum anstehenden Jahreswechsel werden viele von uns wieder eine Art Perspektivwechsel "vornehmen". Die Perspektive heißt 2023. Obwohl der Beginn des Jahres 2023 einfach der Tag nach dem 31.12.2022 ist, ermöglicht uns diese Perspektive nach vorne ein neues, frisches und unangetastetes Jahr. Statt einem schwierigen hinter uns liegenden. In dem es sich "ja nicht mehr lohnt" anzufangen, Dinge zu verändern. Oder Dinge anders zu denken.

 

In den ruhigen Tagen zwischen den Jahren ist daher eine gute Zeit, das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen – denn im Nachhinein sehen die Dinge oft anders aus, als wenn wir mittendrin stecken. Wenn wir an eine verfahrene Situation denken, in der wir selbst an uns gezweifelt haben und nicht wussten, wie wir sie lösen sollen, erkennen wir jetzt vielleicht, dass wir das angesichts der Herausforderungen wirklich gut hinbekommen haben. Das hilft uns manchmal auch, gestärkt und mit Zuversicht ins neue Jahr zu gehen.

 

Welche Art von Perspektivwechsel wir auch immer tun, was dabei unsere Erkenntnis ist und wie wir sie in unsere Kommunikation und unser Handeln einfließen lassen – er ist immer eine Bereicherung.

 

Und wenn es mit dem Perspektivwechsel im Kopf nicht klappt, hilft Bewegung.

Zu Fuß zu gehen bringt auch die Gedanken in Bewegung.

Damit verabschiede ich mich für dieses Jahr hier im Blog.

Viel Freude, bei was immer Ihr nun tut.

Ich geh mal eine Runde.

 

 

PS: Den Standpunkt eines anderen Menschen einzunehmen und sich in ihn hineinzuversetzen heißt wie wir alle wissen Empathie.

       Für mein Empfinden ist dieser Begriff allerdings etwas überstrapaziert. Darum: wechselt die Perspektive!

 

 

 

Thank you! Photo by Anika Huizinga on Unsplash