Verbindlichkeit ist ein merkwürdiges Wort. Und obwohl es wirklich komisch klingt, so ist es doch sehr inhaltsstark. Aber was bedeutet das eigentlich? Verbindlichkeit?
Verbindlichkeit bedeutet, dass ich mich auf etwas verlassen kann. Dass es nicht optional ist. Sondern fix. Definiert. Dass ich sicher sein kann, dass etwas so ist oder sein wird, wie vereinbart. Klar, es kann immer anders kommen. Wichtig ist bei der Verbindlichkeit die Intention, sich an das Gesagte auch wirklich zu halten.
Und hier sind wir auch schon beim springenden Punkt. Der Intention, sich an etwas zu halten. An das eigene Wort. Sich zu binden an das, was man zugesagt hat.
Die Bereitschaft dafür und möglicherweise auch die Fähigkeit dazu scheinen meiner Beobachtung nach rasant abzunehmen. Ich habe dazu keine wissenschaftlichen Studien herangezogen, aber ich bin dennoch der Auffassung, dass eine zunehmend digitalisierte Kommunikation per se dazu führt, dass der Mensch sich weniger gebunden fühlt. Dass das Smartphone Mittel zum Zweck wird. Ich kann ja mal eben ein Treffen absagen. Auf der Website kann man Inhalte "mal eben ändern". Öffnungszeiten können heute so, morgen aber auch schon anders sein. Ebenso jegliche Inhalte.
Das setzt alle unter Stress. Wenn ich mich nie verlassen kann auf das, was ich lese, höre oder erfahre, weil ich nicht weiß, wie verbindliche die Information ist, dann schwimme ich. Wenn ich nicht weiß, wie ernst jemand seine Wort meint, dann ist die wie auch immer geartete Beziehung zu diesem Menschen instabil. Wir kennen alle jemanden in unserem Umfeld, der oder die immer im letzten Moment Verabredungen verschiebt oder absagt. Und dabei geht es nicht darum, anderen abzusprechen, dass sie ihre Meinung ändern können.
Wenn ich alles jederzeit mit einem Klick ändern kann, welchen Wert hat dann noch das gesprochene bzw. das geschriebene Wort?
Wenn es egal ist, ob ich ja oder nein sage, weil ich es ja sofort revidieren kann? Tipp, tipp, senden. Tipp, tipp, Änderungen speichern. Ist dann auch die Ernsthaftigkeit, mit der ich Entscheidungen treffe eine andere? Ich würde sagen: definitiv. Denn wenn ich es ändern kann, muss ich mir gar nicht so sicher sein, dass ich mich daran binden will.
In jeder Art der Kommunikation brauchen wir Verbindlichkeit. Damit wir wissen, was wir erwarten können. Wissen, worauf wir uns einlassen. Damit wir entscheiden können. Und damit Vertrauen wächst. In Menschen. In eine Marke. In Unternehmen.
Ohne Verbindlichkeit unserer Worte und unserer Taten fehlt uns die Verbindung zu anderen. Und somit Stabilität in sozialen Beziehungen. Das Kartenhaus fällt in sich zusammen. Je mehr wir uns verlassen können, desto größer wird unser Vertrauen. Desto stärker verbinden wir uns. Und desto mehr wird diese Verbindung Bestand haben.
Das brauchen wir.